13.12.2021: SkF-Adventskalender - 13. Türchen

Hinter dem 13. Türchen verbergen sich wunderbare Erinnerungen an frühere Weihnachtstage.

Das Schmücken des Baums ist in vielen Familien der Höhepunkt des Weihnachtsfestes. Symbolfoto Hans / Pixabay / hfr

Ach ja der Tannenbaum

Erst lag er versteckt im Garten, sodass ihn außer den Amseln, Blaumeisen, Sperlingen und Kaninchen - und gelegentlich auch eine kleine Maus, die vorbei huschte,- keiner so richtig wahrnahm. Ein Kunde meines Vaters, Waldbesitzer seines Zeichens, brachte ihn im Schutze der Dunkelheit vorbei und deponierte ihn zielsicher und unsichtbar.

Und dann kam der Großensatz unserer Eltern: Beide abends völlig erschöpft vom Arbeitsalltag, war das erste Ziel: "Die Kinder müssen in die Koje, und zwar zügig!" Dann ab in die Arbeitskluft, Leiter aus dem Keller, Tannenbaum aus der Dunkelheit des Gartens und alles ins Wohnzimmer.

Wegen der bodenlangen Gardinen gab es schon lange keine echten Bienenwachskerzen mehr, was aber der Schönheit des festlich geschmückten Baumes keinen Abbruch tat: Unser Vater beherrschte bis ins kleinste Detail die Kunst, die elektrischen Kabel dermaßen hinter den Tannenzweigen zu verstecken, dass wirklich nur die Kerzen sichtbar waren. Dafür brauchte es aber auch eine gewisse Zeit und Geduld, immerhin stand er die längste Zeit ja auf der großen Haushaltsleiter, die unsere Mutter festhielt, gerade wenn unser Vater wieder waghalsige Verrenkungen machte, um hingebungsvoll auch den hintersten Zweig zu erreichen.

Und dann die Tannenbaumspitze: Die passte irgendwie immer, da waren beide genial veranlagt, es gab überhaupt kein großes Ausmessen, es überwog das gesunde Augenmaß.

Und Spaß hatten die beiden, die sich ihr Leben lang bei dieser kreativen Arbeit unbeobachtet wähnten - "Die Kinder schliefen ja schließlich".

Dem war natürlich gar nicht so, und wir sind uns ziemlich sicher, dass die beiden das auch wussten. Nur gesagt haben Sie nie etwas, nur ihre Augen funkelten immer so besonders, wenn wir am nächsten Morgen alle etwas übermüdet um den Frühstückstisch saßen.

Das Dekorieren war dann Punkt 2 der Tagesordnung - oder eher Nachtordnung, denn meist war es schon gegen Mitternacht, wenn es zu diesem Punkt kam: Unser Vater liebte es, Lametta in den Baum zu werfen und  unsere Mutter ertrug das geduldig. Dafür hängte sie akurat und sehr gerecht verteilt für unseren Bruder seine Lieblings-Schokoladen-Walnüsse mit Nougatfüllung, eingewickelt in goldfarbenes Papier, während wir Mädchen diese leckeren Schokokringel mit den vielen kleinsten rosafarbenen und weißen Zuckerkügelchen liebten. Na und die kleinen Schokoladenhalbkugeln in buntem Glanzpapier mit dem Strahlenkranz!

Es hing nie viel am Baum, aber es war immer für jeden etwas da. Das wichtigste war aber immer: Wir haben diesen Abend so geliebt, wenn wir scheinbar unbemerkt zugeschaut haben, wie unsere Eltern gänzlich befreit von all den Sorgen des Alltags lachend und scherzend diesen einmaligen Baum schmückten.

  • M.K.S.